Samstag, 5. Mai 2007

Schon 5 Tage rum

Mein letzter Eintrag war von Montag, heute ist schon Freitag. Die „Goldene Woche“, wie das bei den Japanern hier heißt, ist so gut wie vorbei. Goldene Woche deshalb, weil in einer Woche fast alle wichtigen Nationalfeiertage liegen, und die meisten Leute da frei haben. Die Stadt fährt aufs Land, und das Land besichtigt die Stadt. Egal, wo man also hinkommt – die Verkehrsmittel sind gefüllt mit Touristen aus dem eigenen Land (und damit meine ich jetzt Japan). Was hab ich gemacht? Fangen wir Montag Abend ab: Schnell ein 35 Euro Ticket für den Shinkansen mit Platzreservierung gekauft, damit ich am Dienstag früh in die Stadt Fuji in der unmittelbaren Nähe des gleichnamigen Berges fahren kann. Dort erwartete mich ein kleiner Bus des WISH-Club

Nebendran eine Collage aus Bildern, die ich von dem Bus des WISHCLUB gemacht hab – das ist ein Club, der es sich als Ziel gesetzt hat Rucksackreisenden das Land zu zeigen und den interkulturellen Austausch zu pflegen. Der Bus hat ca. 20 Sitze und die Truppe bestand zu einem drittel aus Japanern, zu zwei dritteln aus Weltbevölkerung (Italien, USA, Frankreich, Schweiz, Deutschland, China – eh, nein, Taiwan, Spanien, Thailand).

Da das Wetter eher grau in grau war wurde der Plan kurzerhand umgedreht und die Besichtigung des Berges auf den nächsten Tag verschoben. Gut, dass ich vorsichtshalber nen Schlafsack mitgenommen hatte. Wir sind dann zunächst zu einer traditionellen Teezeremonie gefahren, haben unterwegs echt kleine Dörfer besucht, ein ländliches „Internetprotal“ entdeckt, und hatten im grossen und ganzen echt ne Menge Spass und interessante Lebensgeschichten auszutauschen. Den WISH-Club habe ich übrigens über couchsurfing.com kennengelernt.

Am Dienstag Abend haben wir dann für die ganze Truppe gekocht und bei Mochan, dem „Reiseleiter“ im Wohnzimmer noch ne gute Party gefeiert. Natürlich wurden hier auch internationale Trinkspiele erklärt – meine mitgebrachte Ahoj-Brause hat zusammen mit einer Flasche Wodka für eine Menge lustiger Gesichter / Geräusche gesorgt. Dann gabs da noch „Eine Ente, zwei Beine, springt ins Wasser, plumms“ – „Ahoj, Ahoj, Ahoj“ – zählen von 1 bis 10 in verschiedensten Sprachen, und wer einen Fehler macht, der darf mal am eigenen Leib herausfinden, wie wenig Sake genügt, damit man noch schlechter zählen kann….. Wer jetzt glaubt, das hört sich an wie Kindergarten – ich bin in diesem Fall gerne noch mal Kind und spiele J

Nachdem dann alle Teilnehmer bei unserem Gastgeber, fein getrennt nach Männlein und Weiblein auf beiden Etagen seines Hauses die Nacht verbracht haben ging es am Mittwoch schließlich zum Mt. Fuji-san. Auf dem Weg dorthin gab es noch einen Tempel zu besichtigen, das ehemalige Anwesen des Präsidenten, einen beeindruckenden Wasserfall, Wasabi-Eiscreme (das grüne, scharfe Zeugs, was es bei Sushi immer dazu gibt…). Nach einem kurzen Stop im Supermarkt, wo sich jeder für das Mittagspicknick eindecken durfte, ging es dann an auf einen Campingplatz an einen See, von dem aus man einen guten Blick auf den Berg haben konnte. Sieht schon irgendwie aus wie im Katalog, finde ich – war schon beeindruckend, als dann endlich für ein paar Minuten mal fast alle Wolken verschwunden waren…

Nun kommt die Passage, die etwas Arbeitsintensiver wurde, denn als wir gerade wieder auf dem Weg zum Bus waren erreichte mich ein Notruf aus dem Büro – Server geht nicht mehr. Wie es halt so ist, wenn man um die 10.000 km von daheim Weg ist. Also auf zum nächsten Shin-Bahnhof und ruck zuck mit dem Shinkansen zurück nach Tokyo und ins Hotel zur Problemanalyse über Telefon und Internet. Es stellte sich schnell heraus, dass es ein ernsteres Problem sein musste, sodass professionelle Hilfe vor Ort gefragt war. Diese konnte jedoch erst am Freitag eintreffen, also per Telefon und Internet eine Zwischenlösung für die Kollegen erstellt, damit trotz Ausfall des Servers normal weiter gearbeitet werden kann, also Internet, Emails, Drucken, Zugriff auf die Daten der wenige Stunden alten Datensicherung… Schon toll, was man mit den modernen Kommunikationsmitteln aus der Ferne alles machen kann.

Am Mittwoch Abend also, nachdem die gröbsten Schwierigkeiten erstmal umschifft waren ging es mit ein paar neuen Leuten aus meinem Hostel los in die Stadt. Mit Sophie, Alessandro, Paul und Lennard (1 x Australien, 3 x Holland) auf in einen „Hub“ – eine westlich orientierte Kneipe, wo es allerlei internationale Dinge gab. Da die Preise dort entsprechend hoch sind hielt es uns nicht so lange, und mit einem längeren Zwischenstop im Supermarkt um die Ecke, wo wir uns nun schließlich den benötigten Mut für Karaoke beschafften (in der Form von einem sehr süßen Mixgetränk aus der Dose, ähnlich unseren Alkopop Getränken). Dann war es so weit, wir zogen los in ein Karaokecenter. Die gibt es hier wie Sand am Meer. Ein paar Stunden später verließen wir das Etablissement wieder, und es war mittlerweile schon wieder taghell, und auch die Bahnen fuhren wieder. Karaoke ist schon echt cool, und wir haben da gut gerockt und die verschiedensten Songs ausgewählt und jeweils so laut es nur ging gesungen. So gegen 5 Uhr waren wir endlich wieder im Hostel. Nach ein paar Stunden schlaf stellten sich am Donnerstag die Nachwirkungen des Abends ein. Stimme heiser, und Kopf sehr schwer. Nach ein paar weiteren Arbeitsstunden und einigen Telefonaten mit dem Büro ging es abends kurz nach Shibuya, einen Eindruck der modernsten Welt zu erfassen. Der Eindruck ist da, und ich werde nochmals in den Stadtteil fahren und reichlich reichlich Fotos machen, das ist einfach unbeschreiblich, diese mehrere Stockwerke hohen Videowände, tausende von echt abgefahrenen Leuten, die dort umherziehen… Unbeschreiblich - Bilder folgen... Später...

Wir beschlossen, diesmal aber nur zur viert, ohne Lennard, wieder nach Ueno zu ziehen und zunächst köstliches Rahmen zu speisen. Eine Art Nudelsuppe auf Fleischbrühebasis. Schmeckte umwerfend lecker, und die Art, wie das hier im Restaurant abläuft war gänzlich anders, als ich es kannte:

Man kommt rein, und stellt sich in einer Schlange an. Diese Schlange führt zu einem von zwei Automaten, an dem man anhand von Bildchen und Knöpfen sein Essen „zusammenstellt“, direkt bezahlt und dafür Wertmarken erhält. Danach geht es zu einer Art „interaktiven Karten“ des Lokals, auf der alle Tische dargestellt waren und man erkennen konnte, wird schon gespeist hat und gleich fertig sein würde. Wir wurden dann nach kurzer Zeit zu unserem Tisch geführt.

Gläser stehen auf dem Tisch bereit, und in der Mitte des Tisches kommt ein Zapfhahn heraus. Wer nun glaubt, da würde es Bier geben, der irrt. Kaltes Wasser, soviel und sooft man möchte. Ist im Preis mit drin.

Nun gibt es für jeden eine Art „Wahlzettel“, auf dem man sein gewünschtes und bereits bezahltes Essen „verfeinert“ – man gibt genau an, ob man es scharf oder mild haben möchte, die Supper kräftig oder lasch, mager oder fett, das Fleisch durch oder blutig, wie viel Knoblauch, Ziebeln etc. Wie bei einer Wahl muss nur angekreuzt werden. Wenn alle damit fertig sind, dann drückt man einen roten Knopf in der Mitte des Tisches und nach wenigen Sekunden erscheint der Kellner, der mit einer Verbeugung und vielen Worten den Wahlzettel und die Gutscheine einsammelt. Keine 3 Minuten später kommt bereits für jeden nacheinander das Essen. Und es war köstlich! Absolut lecker.

Nach dem Essen ging es eigentlich genau wie am Vorabend weiter: Supermarkt, Karaoke, und zu Fuß ne Stunde nach Hause, weil die Bahnen nicht mehr und noch nicht wieder fuhren.

Freitag habe ich einen sehr müden Tag verbracht, denn ich wachte schon durchgeschwitzt mit leichtem Fieber auf. Vermutlich die Kombination aus zu vielen Getränken auf Alkoholbasis mit einer sehr frischen Klimaanlage hat mir einen guten Schlag versetzt. Ich habe den Tag mehr oder weniger auf dem Zimmer verbracht, nur ein kleiner Ausflug nach Ginza, um auch hier wie in Shibuya festzustellen, dass ich noch mal mit Kamera wiederkommen muss. Außerdem ist es irgendwie leichter ohne Fotosausrüstung einen Überblick zu bekommen, und dann noch mal beim zweiten Besuch ein paar Tage später die besten Sachen zu fotografieren, und in die Tiefe zu gehen.

Hier jetzt mal ein dickes Dankeschön an Marcus, der am Freitag bei uns im Büro das eigentliche Problem des Ausfalls lösen konnte – Mainboard austauschen, SATA Controller war defekt. Danach noch ein paar Einstellungen wieder zurückstellen, und schon konnten alle wieder so arbeiten, wie es auch vor dem Crash möglich war. Wieder hat dank Internet und Telefon die Kommunikation zwischen Marcus im Büro und mir in Tokyo prima geklappt und wir konnten gemeinsam das Problem analysieren und die Lösung umsetzen. Also, Danke noch mal!

Nach getaner Arbeit habe ich mir ein Sento gegönnt. Das ist ein traditionelles, japanisches Bad. Sehr heiss, eher schon wie eine Art Sauna, und sehr wohltuend.

Am Freitag Abend bin ich mit den beiden Holländern Alessandro und Paul nur noch hier im Viertel ne Runde um den Block gelaufen, da wir alle von den Tagen vorher etwas geschafft waren.

Ich hab noch ein paar Bilder von meinem Quartier gemacht, die könnt ihr hier hier bestaunen. Das ist also mein Zimmer – wie gesagt, klein, japanischer Style mit Tatami Boden (ich wollte keinen western-room mit Bett und so, das kenn ich doch schon alles – kostet eh das gleiche) aber ruhig und völlig ok zum Schlafen und Klamotten parken.

Hier noch ein Bild vom Flur – ja, es sieht ein wenig aus wie ein Gefängnis, stimmt. Aber hey, ich will ja auch nicht im Hotel meinen Urlaub verbringen, sondern in der Stadt oder bei Freunden. Und 15 Euro, ziemlich gut gelegen in Tokyo – das ist unschlagbar. Jetzt ist es also schon Samstag, ich habe heute morgen diesen Eintrag hier fertiggeschrieben und gleich gibts Frühstück, Geldautomat, und dann treff ich später noch Siggi - heute abend evtl. Beach Party in Zushi - mal schauen was so geht. Richtig fit bin ich noch nicht, aber das Fieber ist gänzlich verschwunden. So weit, so gut :)

bis denn


Chris

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